Dienstag, 22. Juli 2014



Besonders heute darf Kunst  nicht mehr einfach nur Kunst sein. Wie es bei unsereins auch nicht anders ist, reicht Schönsein allein nicht aus. 



Nein, es wird weit mehr als das erwartet - Charakter, eine atemberaubende Geschichte und am besten gleich eine Seele müssen einem Werk anzusehen sein, um als wahre Kunst anerkannt zu werden. 

"Kunst muss verwirren, dann berührt sie dich auch", sagte mal ein weiser Mann. Die Frage ist bloß, was gibt einem diese Verwirrung?! 
Vor knapp zwei Jahren lief ich im Schlepptau meines Kunst-LKs auf der Dokumenta in Kassel herum und durfte mir singende Klangschalen, selbst agierende Rollläden, und in Bäume gehängte Boote anschauen. Ich glaube, nie zuvor hat ein offensichtlicheres Fragezeichen auf meiner Stirn gestanden; am Ende des Tages schlug jene Verwirrung in Genervt-Sein um. Würde mir irgendjemand bitte mal erklären, was das ganze hier soll?! 

Das Künstler-Volk würde mir für diese 
non-philosophische Einschätzung nur einen verachtenden Blick schenken. Was Kunst bringen soll? Vielleicht stand es noch in den Sternen, als die Impressionisten ihre Lichtspiele tupften. Aber heute ist der modernen Kunst längst eine tragende Rolle zugeschrieben. Fragen zum eigenen Ich soll sie im Betrachter erwecken, als Spiegel des Jetzt sowie der Zukunft dienen, das eingefahrene Weltbild zerschlagen und neu zusammensetzten, oder wie Ai Weiei's Mittelfinger einfach mal die Regierung ärgern. 
Das Manko ist vielleicht nur, dass man gerne mit seiner Interpretation alleine gelassen wird, steht man im National Art Museum von Liverpool und sieht vor sich ein Tulpen bemaltes Klo.                      
                                       
Inzwischen ist mir diese Grübelei über sinnvolles Kunstschaffen zweierlei. Sobald ich nicht mehr fürchten musste, ein graues Röntgenbild würde mir im Abitur zur Interpretation vorgelegt, konnte ich wieder durch die Gegend streifen und Dinge einfach nur wegen ihrer Schönheit schätzen. Grade deshalb mag ich Kunst am Straßenrand. Sie stellt sich einem nicht provokant in die Quere, oder sonnt sich hinter dem Vitrinen-Glas in den Blicken ihrer Bewunderer. Still und heimlich wartet sie auf ein Auge, das offen und neugierig durch die Welt geht. Und ein Geheimnis muss um das Warum auch nicht lange gemacht werden, denn Häuserwände verzierend, Fahrradkörbe bepflanzend, haben anonyme Kreative einfach mal losgelegt, um ein kleines Fleckchen ein wenig schöner sein zu lassen. 



Sperrt die Augen nur mal auf!
Euer Fräulein Schreibwütig 



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