Montag, 16. Dezember 2013




           FASH <<Fast>> FOOD

Auf einer Seite Oxfords Schnabuliermeile wächst das Gras neuerdings deutlich grüner!
Ist man auf der Saint Aldate's mit hungrigen Augen unterwegs, hat man die Qual der Wahl. Endlos erstrecken sich bis zur noblen High Street amerikanischer Fast-Food-Emperien und genauso schwer machen einem die aneinander gereihten Coffee Shops mit ihren Sahnetraumplakaten die Entscheidung, WO man sich als erstes den Bauch mit Sünde vollschlagen soll. Seit einer geraumen Weile ist am Ende der Straße allerdings ein wachsender Trend zu beobachten, der so gar nicht in das verteufelte Fast-Food-Konzept gehören will und vor allem eins ist: Avantgarde!



Eat Beautiful 
und somit:  Iss und sei beautiful!
(WAS WILL MAN MEHR?!)

Aufmerksam geworden bin ich auf den Neuling ITSU nicht wegen seines bezaubernden Mottos, sondern aufgrund der ungeheuerlichen Schlange, die sich über mehrere Tage wacker vor der frisch geöffneten Tür hielt und so gar nicht abreißen wollte. Ja, als stände hier die Queen höchst persönlich hinterm Tresen, war der Andrang so groß, dass mir auf meinem täglichen Vorbeigang der kleinste Blick ins Schaufenster verwahrt blieb. 


Tage später nahm ich die exotische Filiale schließlich selbst unter die Lupe.Und was mich hier mit perfekt gecoachtem Lächeln begrüßte, kann und darf, bitte sehr, nur der Bote einer neuen Fast-Food-Ära sein!

Honiggoldenes Holz, bestückt von üppigen Blumenbuketts und Bonbonrosa Borten, überdacht von einem Meer Glockenblumen
(was sich bei näherem Hinsehen als Designsangehauchte Holzfaserleuchter entpuppen). Besucher auf stylischen Schlammlederpolstern an geräumige Bartische verstreut, Farbenbunt leuchtet etwas abseits der Verkaufstresen. Schwarz-Weiß-Photographien von sportlichen Schönheiten, Teelichter und erfrischend weiße Orchideen. Raffiniert setzt sich diese Harmonie von warmen Lichts, Holz und Blumen durch dezente Wandverspiegelungen ins Unendliche fort - ein Ästhet darf aufatmen!
Handelt es sich hier wirklich um ein Schnellrestaurant?


Kein Zweifel(!), denn auf der Speisekarte des japanischen Hauses stehen hauptsächlich kleine Köstlichkeiten, für die kein flambierfreudiger Sternekoch benötigt wird. Sushi, zauberhaft delikate Salatkunstwerke im Glas, Wraps, exotische Reiskreationen abgerundet mit Fisch oder Fleisch, Geschmackserlebnisse von verschiedener Suppe oder Pasta, wie sie einem eben nicht vom Italiener vorgeführt wurde. Als Dessert hält Itsu passender Weise nicht die fette Sahnetorte Feil, sondern seinem Konzept entsprechend, Obst, Nüsse und on top den Verkaufsschlager aus Amerika, Frozen Jogurt.




McDonalds oder Kentucky Fried Chicken stehen dagegen ziemlich traurig dar - ach nein, es ist ja nur noch KFC, weil man das Fleisch, wissenschaftlich belegt, nicht mehr als tierisches Produkt bezeichnen KANN. Die oft müllige und nach Fettöse stinkende Nachbarschaft darf nur staunend zusehen, wie die angesagte, modebewusste Kundschaft jetzt in die Lounge-Gefilde Itsus strömt, um sich bewusst zu ernähren. Und das konnte man all jenen Pommesbuden ja irgendwie noch nie wirklich abkaufen, egal wie viele Topmodels herzhaft an ihren Burgern knabberten und einem mit dem Luftig-leicht-Lächeln weismachen wollten, dass sie sich Fast Food öfters schmecken lassen, ALS MAN DENKT - genau!




Sowie der Starbucksbecher zum trendy Kultobjekt aufstieg, schwenken jetzt ebenso stolz in Oxford die lieblich verzierten Itsu-Bags neben der Handtasche. Man identifiziert sich gerne mit dem Schmetterlings-Image, denn man is(s)t nicht nur intelligent (die Finger von altem Fett, Massenbetriebsopfern und Zuckerbomben zu lassen), sondern auch top aktuell! Zum stylischen Outfit zählt von nun an auch ein stylischer Snack, automatisch ist man von jener kulinarisch, exotischen Aura umgeben und zu dem Genuss von der wahrhaftig leichten, qualitativen und (vorwiegend) grünen Kost kommt das GUTE GEWISSEN. Nein, Itsu ist kein Fehler, den man am nächsten Tag auf der Wage bereut, oder wo man aus vertaler Idee zum Mitternacht-Snack einfällt. 



Manchmal muss man eben eine gute Idee haben. Und diese gute Idee namens "Itsu - Eat Beautiful" würde mir auch dann gefallen, wäre sie eigennützig wie alle Großkonzerne. Ist sie aber nicht. 
Essen, das ist kein Geheimnis, war schon immer Klassenbedingt und die Qualität abhängig von den Moneten, die man bereit ist, für seinen Antriebsstoff auf den Tisch zu legen. Genauso haben Speisen den Menschen schon immer den Stempel von arm oder reich aufgedrückt und genau hier hat Fast Food seinen Beitrag zur Revolution geleistet. Preisgünstig und ohne großen Arbeitsaufwand zu erwerben, wollte man wohl den Einkommensschwachen entgegen kommen. Und im Grunde ist es auch ein Segen, dass Menschen unter der Armutgrenze in vielen Ländern dank Billigprodukten nicht an nagendem Hunger leiden müssen. Aber Dopple Whopper und Ein-Liter-Cola-Becher haben andere, nicht weniger beunruhigenden Probleme in die Welt gerufen. Angefangen mit den simplen Fressanfällen von ... nur noch zynisch an natürliche Lebensmittel erinnerndem Massenfutter - und all ihren gehässigen Folgen. Fettlebern, Knochenüberbelastungen, Diabetest, erhöhten Blutzuckerspiegel und und und. Sogar ein bestimmter Tumor wird bereits allein auf Fettsucht zurückgeführt (http://www.zeit.de/2012/31/Uebergewicht-Krebs), an dem jährlich 115.000 Menschen in den USA sterben. Chronische Überfütterung, oder in anderen Worten, die Droge Fast Food. Doch nicht nur Amerika liefert den lebendigen Beweis - wer heute arm, ist oft auch fett!


Auch wenn es nur eine Frage der Zeit war, das Kapitel der hinterlistig versteckten Linienkillern abzuschließen (wie soll man denn erahnen, dass in einem Starbucksbecher Kaffee mit ein bisschen Milch und Flavour 300 Kalorien und so fast eine ganze Mahlzeit schwappen??!),
ist mit den überall in GB verstreuten Itsu-Fillialen ein Umschwung im Gang. Jetzt darf man nur hoffen, dass der Sushi-Fisch nicht atomargewürztem Fukushima-Wasser entstammt - sonst gäbe es nichts zu mäkeln. Noch nicht mal am Preis, welcher McDonalds, Pizza Hut und Konsorten um keinen Penny nachsteht! Somit seien auch den Einkommensschwachen und besonders ihren Nachkömmlingen ausredenarm die Türen geöffnet, sich schön zu essen. Hier sollte ich mich vielleicht in meiner Träumerei bremsen, aber sehen wir es als Vorbildfunktion und vertrauenswürdigen Anreiz, sich eben nicht der chronischen Überfütterung hinzugeben. Als (kleinen) Bleiklumpen, der das Zeug besitzen könnte, das Gegengewicht von englischer Landesspezialität/ Fish & Chips langsam in die Tiefe zu ziehen.

Bon appétite,
das Fräulein Schreibwütig 





Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen