Montag, 21. Oktober 2013

Girls just wanna have




Girls just wanna have



Wie heißt es noch gleich – Unverhofft kommt oft!

Des Nachts trottete ich neulich die St. Adultsstreet hinunter. Als graue Regenwolke schwebte meiner sehr geschätzten Gesellschaft und mir dieser (Samstag-!!!)Abend über den Köpfen. Von Anfang bis Ende, ein Flop! Und da Oxfords Pubs artig um Mitternacht schließen und keiner unserer ernüchterten Geister nach stickiger Clubluft lechzte, befanden wir uns doch tatsächlich auf dem Weg nach Hause! Aber nicht zu voreilig; wir schafften es nämlich nur bis zur Hälfte. Denn was uns aufhielt, war nichts anderes als Oxford berühmtestes College – Christ Church - bebend! Bunte Lichterkugeln aus allen Fenstern werfend, beschallte es die ganze Straße. Unsere Augen rundeten sich. 


In Nullkommanichts hüpften wir also über den regennassen Asphalt (was hatten wir zu verlieren?!) und standen nun auf der anderen Seite, vor verschlossenen Toren. Die Fete zum Greifen nahe.
Einen Katzensprung weiter (wie vom freundlichen Helferlein an die richtige Stelle gesetzt) erregt ein König im Bademantel unsere Aufmerksamkeit. Die tägliche Begegnung mit Römerscharen in luftigen Togen, Tigern in Leo-Jumpsuits oder schrillen Glitzerfeen lässt mich nicht mehr verwundert die Augen reiben. (Im Regengrau übrigens ein amüsanter Eyecatcher!). Der Oktober brachte die Freshments nach Oxford und die Sause, Tag ein Tag aus, in die Gassen.
Äußerst auffällig ist jener Bademantelkönig nicht mehr ganz Herr seiner Sinne. Die Papierkrone hängt ihm schief über den Ohren und um die Nase steht es ihm maigrün. Der böse Alkohol… Unsere einmalige Chance witternd, trabt meine Freundin Lorna auf ihn zu: „Hi! Are you ok?!“ Der traurige König hebt den Kopf. “Yes, yes. I just have to… finish something, then I’ll be fine! You know, I’ve been in this situation before…”
Lorna nickt verständnisvoll: “Ok! Good! Well, unfortunately we lost our key… I was wondering, whether you might help us?” Honigsüß tropft das Lächeln von ihren Lippen. „Sure!“
Einen Wimpernschlag später stehen wir im Innenhof des Colleges. Fragen kostet ja nichts! 


Mit einer belebenden Mischung sprühender Neugierde, Euphorie und Muffensausen in den Venen huschen wir durch die Gänge. Das Licht, die steinernen Bögen, das Hallen unserer Schritte – wir sind in Hogwarts! Um jede Ecke des urigen Gemäuers erwarte ich einen schwarzen Umhang mit seinem Zauberlehrling biegen, oder eine Fackel in der Wandhalterung flackern. Was würde man geben, um hier zu leben?! Doch erst einmal, wo geht’s zur Party?!

Wir überqueren den schwarzen Rasen des Innenhofs, berühmt für Harry Potters erste Flugstunde, und steuern auf den Hauptturm zu. Vor seinen Flügeltüren tummeln sich Studenten, lachend, kreischend, knutschend an die Balustrade gelehnt, oder in (bestimmt elitär geistreiches) Grölgeplauder vertieft. Als einzige Mantelträger weit und breit stechen wir zwischen den halbnackten Römern hervor wie Kartoffeln im Erdbeerfeld – sehr unauffällig... Man ist plötzlich wieder 16 und hat sich grade in eine Party geschlichen, auf die man (schade, Schokolade) nicht gehört.
Doch hier stört das hoffentlich keinen großen Geist; es sind ja alle beschwipst…Wir quetschen uns durch die kunterbunte Menge. Und sind plötzlich mitten drin.


 Oh, Lord! Hier steppt der Bär! Ein Saal wie eine Kirche, geflutet von einem Meer tanzender, wild kostümierter Partywütiger. Great Gatsby lässt grüßen! Als wäre man in einen Käfig wild gewordener Paradiesvögel geschupst, schüttelt sich alles zur ausgelassenen Musik, es ist ein Drunter und Drüber, Kommen und Gehen, heiß steht die Luft über den tobenden Piraten, Flowergirls and Konfettihüten und ein süßliches Cocktailaroma sticht einem in die Nase und verrät das Geheimrezept dieser Bombenstimmung. Im Türrahmen gedrängt stehen wir drei festgewachsen und schauen dem Theater einfach bloß zu.




Ja, nun wissen wir, wo sich die berüchtigten Oxfordlehrlinge verschanzen. Hinter diesen Mauern. Und ja, nun weiß man auch, weshalb sie es vorziehen, Zuhause zu bleiben.

Draußen empfängt uns wohltuende Nachtluft, vom Herbst geschwängert. Den Geist noch vom Rausch des Trubels vernebelt, spazieren wir langsam zum Tor des Colleges zurück. Warum wir nicht blieben? Es war aus unerfindlichen Gründen nicht unsere Party! Eher ein Abstecher ins Wunderland.

Wir stehen vor dem alterwürdigen Holzverschlag, von schweren Eisen beschlagen, (in Gedanken bereits in unseren molligwarmen Betten) und drücken die Klinke hinunter. Doch nichts passiert. Abermals und abermals, allem Rütteln und Ziehen zum Trotze – die Pforte hält ihr finsteres Versprechen. „Au weia…!“, murmelt meine herzensgute Mitbewohnerin.



Ja, da war das Christ Church College letzten Endes doch pfiffiger als wir! Eigentlich kein Wunder, warum sollte ein Gemäuer mit so vielen Schlauköpfen nicht auch eine schlaue Tür besitzen?! Der Schlüssel war nicht nur zum Eintreten, sondern auch zum Verlassen dieser akademischen Heiligenstädte erfordert. So rächte sich die altehrwürdige Pforte für den Streich, den wir ihr zuerst gespielt hatten. C’est la vie. 







Zwar riss die Schlüsselnachfrage unsere (so oder so schlecht sitzenden) Tarnkappen ganz herunter, abgesehen von der Tatsache, dass es sehr peinlich war, wie man sich vorstelle, aber wert war es unser Einbruch trotzdem! Allein um zu wissen, wo sich das Schummeln lohnt… Abermals erinnert es mich daran, wie viel ich J.K Rowling für ihre Bücher und magische Welt zu verdanken habe. Ohne Harry Potter wäre es ein nächtlicher Spaziergang durch eines der vielen Oxford-Colleges gewesen. Stattdessen tauchte ich mit Haut und Haar in eine so lebendige, von Kindheits- und Fantasiemomenten genährte, Erinnerung ein, sodass mich Christ Church wahrhaft verzauberte. Mal sehen, in welche Partyhochburg wir uns nächstes Mal schleichen können!



In Vorfreude und der Hoffnung, Ihr schwelgt noch in schönen Erinnerungen ans Wochenende,
Euer Fräulein Schreibwütig  

 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen